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Mein Weg-Update: Leben mit der Coronapandemie

Mein Weg-Update: Leben mit der Coronapandemie

 

Ich kann mich noch sehr gut an die letzten Worte mit meinem Mitfreiwilligen, Jacob, am Flughafen in Bukarest erinnern: „Wir sehen uns in drei Wochen sicher hier wieder!“ Wer hätte gedacht, dass uns das Corona-Virus bis jetzt weit über ein Jahr beschäftigt.

 

Angekommen in Dresden suchte ich nach einer sozialen Tätigkeit, um meine soziale Arbeit in Rumänien in einer anderen Form fortzuführen. Dies war anfangs recht schwierig, da Deutschland sich im 1.Lockdown befand und fast alle Einrichtungen schließen mussten. Dank meiner Schulpraktikumserfahrung bei der Dresdner Tafel konnte ich dort sehr schnell anfangen zu arbeiten. Ich sammelte gemeinsam mit einem Team bei Supermärkten, Bäckereien oder Großhandelgeschäften überschüssiges Essen ein und verteilte dies an Bedürftige. Die Arbeit gefiel mir sehr gut und ich hatte jedes Mal sehr große Freude, den Notdürftigen mit Essen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

 

Im April 2020 fand ein einwöchiges virtuelles Rückkehrerseminar meiner Hilfsorganisation, Jesuit Volunteers statt. Wir tauschten uns über Erfahrungen und Erlebnisse in den jeweiligen Einsatzstellen aus. Selbstverständlich sprachen wir viel über den plötzlichen Abbruch. Mir fiel es sehr schwer über den Abschied und das vorzeitige Ende zu reden, weil ich wieder nach Rumänien möchte.

 

Nach einem Monat bei der Dresdner Tafel entschied ich mich, meine Schwester in Wiesbaden zu besuchen und dort bis zum Spätsommer zu bleiben. Glücklicherweise wurde ich über das Sozialamt der Stadt Wiesbaden an ein Sozialzentrum für notdürftige Kinder und Jugendliche vermittelt. Das Zentrum ist ein großes Haus neben einer Gesamtschule, das nachmittags seine Türen für Kinder und Jugendliche öffnet. Die Kinder und Jugendlichen können hier Tischtennis, Fußball, Basketball oder Billiard spielen. Einen Mal- und Tanzraum gibt es ebenfalls. Manche Kinder, die keine Spielmöglichkeiten in ihren Familien haben, kamen regelmäßig in das Zentrum. Einige Jugendliche suchten das Haus auf, um mit Sozialarbeitern vor Ort über alles zu reden. Nach einem Bewerbungsgespräch wurde ich direkt in die Arbeit der Sozialarbeiter mit eingebunden. Während ich am Vormittag anstehende Aktionstage mit vorbereitete, spielte ich mit den Kindern und Jugendlichen am Nachmittag verschiedene Spiele. In den Schulsommerferien veranstaltete das Zentrum Aktionswochen, in denen ich unter anderem ein eintägiges Filz-Projekt anbot, das viele Kinder mit Begeisterung begrüßten. Ein längerer Ausflug auf einen nahegelegenen Landhof fand in der letzten Aktionswoche statt. Das Team, einige Kinder und ich fuhren auf den Landhof und verbrachten viel Zeit draußen. Wir gingen wandern, buken Brot in einer Backstube oder besuchten einen Reiterhof mit Pferden. Auf dem Landhof arbeiteten und lebten Rumänen, mit denen ich mich sehr gut unterhalten konnte und die mir anboten, mit nach Rumänien zu kommen, was ich dankend leider ablehnen musste. Der Abschied dieser liebgewonnenen Familie im Zentrum verbunden mit den glücklichen Kindern, die sonst in sehr prekären Lebensumständen leben, fiel mir am Ende meiner Freiwilligenzeit schwer. Alle Sozialarbeiter verabschiedeten sich dankend bei mir und bekräftigten meine Überlegung, Soziale Arbeit zu studieren.

 

Angekommen in Dresden beschäftigte ich mich mit meiner Studienwahl. Für mich standen zwei Wege offen: Soziale Arbeit oder Grundschullehramt studieren. Da ich mir noch unsicher war, entschied ich mich, ein zweiwöchiges Praktikum in einer nahegelegenen Grundschule zu absolvieren. Ich bekam auf diese Weise viele Einblicke in den Lehrerberuf und durfte sogar einige Unterrichtsstunden betreuen. Als Grundschullehrer hat man viel kreative Handlungsmöglichkeiten und kann pädagogisch wertvolle Arbeit leisten. Man ist sehr frei in seiner Unterrichtsgestaltung. Aus den gesammelten Erfahrungen entschied ich mich für das Grundschullehramtsstudium. Ich schaute deutschlandweit nach guten Universitäten und fand die katholische Universität in Eichstätt. Es handelt sich um eine nahezu familiäre Universität und wurde in diesem Jahr zu der beliebtesten Universität Deutschland gewählt.

Zwischen Praktikumsende und Studienstart traf ich mich mit meiner Hilfsorganisation und meinen Mitfreiwilligen in einem bayrischen Kloster für den 2.Teil des Rückkehrerseminars. Wir erzählten Geschichten aus den Freiwilligendiensten, hörten Vorträge über umweltfreundliches Handeln und bekamen vieles über die zukünftige Arbeit mit Jesuit Volunteers gesagt. Das Präsenzseminar tat mir sehr gut und ich habe mich sehr gefreut, viele Freiwillige wieder zu sehen.

 

Mein Studienbeginn begann wegen der Corona-Pandemie verspätet. Ich zog in ein Wohnheim nahe der Eichstätter-Innenstadt ein und traf nur auf wenige Studenten, da die meisten von zu Hause studierten. Nach ein paar Einführungs-/Begrüßungsveranstaltungen begannen rein virtuelle Vorlesungen. Die Universität sorgte dafür, durch viele Online-Spieleabende um sich näher kennen zu lernen. In meinem 1.Semester gefiel mir das direkte, nahezu familiäre Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten.

 

Nun befinde ich mich im 2. Semester meines Grundschullehramtsstudiums und es macht mir sehr viel Spaß in Eichstätt trotz Corona-Pandemie. In meinem Wohnheim habe ich sehr schöne Freundschaften geknüpft und ich fühle mich angekommen. Meine Sehnsucht nach Rumänien besteht weiterhin und ich werde nach der Pandemie „meine“ Kinder und die Erzieher wieder besuchen. Ich kann den Augenblick kaum erwarten. 

 

Während meiner Zeit in Rumänien habe ich erkannt, was wirklich wichtig ist im Leben: Familie, Freunde und Gesundheit.

 

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