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Märzchen

Märzchen 

Jeder Frühling trägt den Zauber eines Anfangs in sich. Schneeglöckchen sprießen aus der kalten Erde, zugefrorene Teiche tauen langsam wieder auf und es wird wieder wärmer draußen. 

 

Der Winter in Rumänien war in diesem Jahr in meiner Gegend sehr mild. Es lag, außer an einem Tag, kein Schnee in meiner Stadt. Oftmals war der Boden dagegen eisglatt und viele Felder, Parks und Bäume waren eingefroren. Es gab große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Den Wechsel zwischen Winter und Frühling bekam ich durch die alljährige rumänische Frühlingstradition mit, namens Mărțișor bzw. Märzchen. 

 

Märzchen sind zwei kleine ineinandergeflochtene Fäden mit den Farben rot und weiß. Diese werden zu einer Brezelform zusammengebunden und es hängen oftmals kleine Glücksbringer, wie Kleeblätter oder gehäkelte Blumen dran. Am 01. März schenken in Rumänien Jungs und Männer diese Anhänger den Frauen und Mädchen. Bis zum 08. März, dem Frauentag, tragen die Frauen und Mädchen diese Verzierungen an der Brust, am Hals oder am Handgelenk. In Moldawien hingegen, wo ebenfalls diese Tradition zelebriert wird, schenken Frauen und Mädchen den Jungs und Männern diese Märzchen. In ganz Rumänien findet man gegen Ende Februar Verkaufsmärkte nur für diese schönen Accessories.  

 

Eine sehr berühmte, aber tragische Legende erklärt die Farben rot und weiß der Fäden. Vor langer Zeit wandelte sich die Sonne in einen schönen Mann, um mit den Menschen in den Dörfern den rumänischen Volkstanz, Hora, zu tanzen. Ein Drache jedoch erfuhr davon und sperrte diese „Sonne“ in ein Verließ auf einer Burg. An diesem Tage hörten die Vögel auf zu singen und die Kinder vergaßen, wie man lacht. Niemand traute sich dem Drachen zu widersetzen, bis auf einen jungen tapferen Mann. Begleitet von vielen mutigen Menschen, begab er sich in den drei Jahreszeiten, dem Sommer, dem Herbst und dem Winter zur Burg und kam am letzten Wintertag an. Der Kampf gegen den Drachen dauerte mehrere Tage, bis der furchtlose junge Mann den Drachen besiegte. Kraftlos und verwundet öffnete er das Verließ der Burg und befreite die „Sonne“. Ab diesem Zeitpunkt erwachte die Natur zu neuem Leben und die Menschen begannen wieder zu lächeln. Der Retter verstarb jedoch kurz drauf, aufgrund seiner schwerwiegenden Wunden. Das heiße Blut des Helden tropfte auf den weißen unberührten Schnee. Aus dem Grund verwendet man die Farben rot und weiß.  

 

Als Andenken an diese wunderbare Tradition habe ich mir für die Rückkehr nach Deutschland zwei Märzchen gekauft. Ich entdeckte neben den vielen verschiedenen Märzchen auch viele Blumensträuße, Blumenkränze und andere schöne Verzierungen. Ich machte die Erfahrung, dass die Blumensträuße und -kränze sehr begehrt waren. Viele Rumänen kauften bei den Verkaufständen ein.  Leider war jedes einzelnes Märzchen in Plastik eingepackt. Der Verkäufer wollte mir ebenfalls eine Plastiktüte mitgeben, was ich jedoch dankend verneinte. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie viel Plastik für alle Märzchen in Moldawien und Rumänien verbraucht wird. In meinem Projekt dekorierten wir am 04. März eine Wand voller Märzchen, die das Haus von den Spendern geschenkt bekommen hat. Es war sehr aufwendig, aber die Kinder haben sich sehr darüber gefreut und das Haus erstrahlte in den Farben der Märzchen. Viele Mädchen aus meinem Projekt trugen ebenfalls eine Zeit lang diese Anhänger. Ein Mädchen sogar schenkte mir ein hübsches Armband in den Farben Rot und Weiß, dass sie in ihrer Schule erhielt. Ich fand die Geste sehr süß und bedankte mich selbstverständlich.

 

Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie traditionsreich Rumänien ist und wie diese besonderen Ereignisse den Alltag einzigartiger machen. Deutschland könnte sich davon ruhig mal eine Scheibe abschneiden, meiner Meinung nach. Ebenso überrascht es mich, wie eingebunden und tiefgreifend ich diese Traditionen erlebe, trotz dessen ich kein Rumäne bin. Ich lasse mich sehr gern auf diese andere Lebensweise ein. Trotzdem möchte ich noch weitere Teile vom großen Rumänien sehen. Ich möchte neue Menschen kennenlernen, neue Städte erforschen und das rumänische Dorfleben entdecken. Darum habe ich mich entschlossen, im April eine zweiwöchige Rundreise zu machen. Ich freue mich schon sehr auf diesen Urlaub und nehme euch selbstverständlich auf diese Reise mit.  

 

Im nächsten Blogeintrag berichte ich euch von einigen Geschehnissen und Veränderungen in letzter Zeit. Bleibt gespannt!  

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